Hier nicht zu sehen, aber hörens- oder lesenswert. Ort: Venedig, Markusplatz, Caffè Florian (ältestes Kaffeehaus Italiens mit noch fast unverändertem Ambiente von 1720). Ein wunderschöner, aber heisser Sonntagnachmittag in Corona-Zeiten. Das Trio (Klavier, Violine, Kontrabass) spielt zufrieden Kaffeehausklassik vor sich hin. Unsere kleine Gruppe mit Hund stellt zwei Tischchen zusammen. Es sitzen hier nicht so viele Leute wie sonst.
Selbstverständlich hat die verantwortungsvolle Hundebesitzerin an so einem Hitzetag eine Flasche Wasser und einen Plastic-Klappnapf bei sich. Doch zum Aufklappen und Füllen kommt sie nicht. Noch bevor wir unsere Cappuccini und Gelati bestellt, geschweige denn erhalten haben, tritt der weiss gewandete Kellner hinzu, in der Linken eine Glaskaraffe – Murano-Glas wäre nicht gelogen –, in der rechten eine silberne Schale und in irgendeiner weiteren Hand ein Schälchen mit Cubetti di ghiaccio (Eiswürfel). Auf den erstaunten Blick der Hundebesitzerin erklärt der Ober würdevoll (wenn auch leider auf Englisch): «That’s my job!», füllt die Eiswürfel in die grosse Schale, giesst aus der Karaffe Wasser dazu und schiebt die Schale dem grossen schwarzen Hund zu.
Und so kommt es, dass der hechelnde, leicht tollpatschige, unendlich gutmütige, aber eher stadtungewohnte Matisse du Pla de la Jasse, ein währschafter Beauceron vom Land (aus Fitou in den Corbières), der nicht weiss wie ihm geschieht, von einem stilvollen italienischen Kellner mit Eiswasser bedient wird. Als erster, wie es sich gehört in einem über drei Jahrhunderte hinweg zivilisierten Caffè in einem zivilisierten Land. Danke, Caffè Florian. Danke Venedig. Danke Italien.
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