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Erna Heller – eine Schaffhauser Schriftstellerin wiederentdeckt

Aktualisiert: 26. Dez. 2020


Eher zufällig wurden im Herbst 2019 im Archiv der Schaffhauser Nachrichten Kurzgeschichten von Erna Heller (1913 – 1982) entdeckt, welche zu einem Grossteil in den 1950er erschienen waren und dann leider in Vergessenheit gerieten. Es waren Miniaturen, die nie in Buchform publiziert wurden.

Ganz ohne Zweifel hat Erna Heller ein literarisches Werk von aussergewöhnlicher Qualität hinterlassen. In Ihren Texten offenbart sich eine stupende Beobachtungsgabe sowie eine grosse sprachliche Musikalität. Nach Einschätzung des Literaturkenners Dr. Alfred Richli sind die Kurzgeschichten Erna Hellers Trouvaillen von zeitlosem Wert: «In ihren Texten offenbart sich ein grosser Wortschatz sowie eine heitere Musikalität der Sprache. Sie versteht es brillant, ihre Wahrnehmungen und Erlebnisse in präzise Bilder umzuwandeln. In fast allen Texten Erna Hellers findet sich ein feiner Humor, der jedoch nie auf Kosten anderer geht. Nicht selten basiert er auf einer schelmisch geübten Selbstfeflektion.» Zusätzlich gehen die meisten Texte tiefer, bleiben nicht bei der reinen Betrachtung stehen und schärfen damit das eigene Sehen und Denken.

Etliche Geschichten Erna Hellers sind eine Rückschau auf ihre Kindheit in Schaffhausen und in Samedan. Anschaulich und mit einer sprachlichen Meisterschaft, die sowohl die Volks- als auch die Standardsprache nutzt, schildert sie alltägliche Erfahrungen, Naturbeobachtungen und mitunter auch Gedanken zum Zeitgeschehen. Eindrücklich sind vor allem auch ihre Erzählungen aus Karlsruhe, wo sie mit ihrem Mann die Nachkriegsjahre verbrachte.

«Der erste Schnee» – Geschichten und Gedichte von Erna Heller Im November 2020, zufällig an ihrem Todestag, hat der Verein Schaffhauser Dichterpfad zusammen mit dem Loco Verlag 24 Geschichten und drei Gedichte Erna Hellers, die den Bogen vom Herbst bis in den Sommer und von Schaffhausen via Samedan bis nach Karlsruhe spannen, in einem Buch vereint.


Weil Erna Heller ihr «Philosophie- und Literaturstudium» in der Stadtbibliothek Schaffhausen betrieb, wie ihr Mentor bei den Schaffhauser Nachrichten, Alt-Ständerat und Historiker Kurt Bächtold einst in einem Nachruf schrieb, lag es nahe, an diesem Ort auch ihre Geschichten zu präsentieren. Buchvorstellung und Lesung konnten coronabedingt aber vorerst nur im kleinen Kreis stattfinden.


Man kann das Büchlein aber trotzdem beziehen, am einfachsten per Mail an den Loco-Verlag: loco-verlag@gmx.ch

Oder über die Website des Loco-Verlags: http://www.loco-verlag.ch/index.html









Erna Heller, »Der erste Schnee«

154 Seiten, gebunden, ISBN 978 3 9524174 7 8

Fr. 24.– / Euro 19.50



Etwas Besonderes sind auch Erna Hellers Gedichte.


Hier zwei Beispiele:


Advent 1957


Der Abendstern hat sich verkrochen Und Schnee fällt durchs Laternenlicht. Die neue Zeit ist angebrochen; Du schaust ihr zweifelnd ins Gesicht. Ein Blinder spielt auf einer Geige Und spielt, und spielt – du hörst ihn nicht. Und hinter Scheiben glitzern Zweige Und Schmuck und Uhren – und man spricht: - Von Monden, die sich ungesehen, Und dunkel um die Erde drehn. Und Flocken fallen, weiss und dicht. Du schiebst dich weiter, wirst geschoben. Du spürst: Dein Sein hat keine Gewicht. Und doch – wo Lärm am Lärm zerbricht, Hat eine Stimme sich erhoben; Kommt sie von innen oder oben?

Die Stimme sagt: Fürchtet Euch nicht!

Erna Heller (1913 – 1982)



***



Ich bin


Ich lebte lang und suchte viel, Um zu erfahren, wer ich war… Und kam doch nicht zum Ziel.


Nun geh ich still des Weges hin, Es spielt der Wind mit meinem Haar… Da fühl ich – dass ich bin! -


Ich bin. – Das Wort gleicht einem Reife Aus Gold, der tief ins Wasser sinkt


Und noch im Sinken golden blinkt. Indes ich traumhaft danach greife…


Ich bin!



Da die alten Gedichtbände vergriffen sind, plant der Loco-Verlag, als Nächstes ein Gedichtbüchlein herausgeben.

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